Der Redakteur erinnert sich: Neue Taschenbücher für Tschechien

5. Oktober 2018

Die Zusammenarbeit mit unseren tschechischen Partnern hatte sich in der zweiten Hälfte der 90er-Jahre immer besser entwickelt. Zu den Heftromanen, die seit einiger Zeit liefen, kamen ab 1998 erste Taschenbücher, die sich offenbar gut verkauften. Dabei folgten die Kollegen in Prag der Neuauflage der Planetenromane, die 36 Bände umfasste und bei Heyne erschienen war. Es lag also nahe, die Lizenzgeschäfte mit den tschechischen Partnern auszuweiten.

Ich diskutierte unter anderem mit Eckhard Schwettmann, unserem Marketingleiter, über das Thema. Mein Argument war: »Wir liefern den tschechischen Partnern einige Konzepte für weitergehende Taschenbücher, und die können wir als Grundlage nehmen, wenn wir selbst an eine Neuauflage der Planetenromane gehen.« Zu dieser Zeit träumte ich davon, eine Art »Best-Of«-Reihe der klassischen Bände zu veröffentlichen – diese waren seit langem nicht mehr im Handel erhältlich, und ich war mir sicher, dass es dafür genügend Leser gäbe.

Doch zuerst ging es um die Partner im Nachbarland. »Da im tschechischen Markt offensichtlich Interesse an einer weiteren PERRY RHODAN-Taschenbuch-Reihe neben der bisherigen besteht, stellt die PERRY RHODAN-Redaktion die folgenden drei Konzepte vor«, schrieb ich in meinem Arbeitspapier.

Ich wollte kurze Serien auswählen, die man in klarer Weise abgrenzen konnte. So stellte ich mir eine Reihe von Weltraum-Krimis vor, ebenso eine Reihe mit Romanen, die den Arkoniden Atlan als Hauptperson haben sollten. In meinem Konzept war ich durchaus vollmundig: »Die Redaktion empfiehlt fürs erste je zehn Titel, wobei wir besonders beliebte Autoren bei den ersten Romanen bevorzugen sollten  – bei Bedarf kann jederzeit fortgesetzt werden.«

Ich empfahl eine behutsame Bearbeitung sowie ein Glossar von zwei Seiten. Schließlich konnte man davon ausgehen, dass »die tschechischen Leser mit vielen Begriffen der Taschenbücher nicht vertraut sein dürften (wenn diese beispielsweise im Jahr 3000 der PERRY RHODAN-Geschichte spielen).«

Am stärksten favorisierte ich eine Reihe mit »ATLAN-Abenteuern«, wie ich sie nannte – die Wiederbelebung der Marke ATLAN stand bei mir in den 90er-Jahren stets im Fokus. Den Partnern versuchte ich die Reihe so zu erklären: »Bei diesen Romanen ist jeweils Atlan eine der Hauptpersonen; nach wie vor ist er eine der beliebtesten Figuren. Die Romane spielen jeweils in der ›klassischen‹ PERRY RHODAN-Zeit und bieten klassische Weltraum-Abenteuer.«

Als die ersten Titel nannte ich »Die Macht der Träumer« von William Voltz (der Planetenroman-Band 37 spielt im Jahr 2361), »Bomben auf Karson« von Kurt Mahr (Band 39 der Planetenromane, der das Jahr 2400 beleuchtet) und »Aufruhr in Terrania« von Hans Kneifel, der im Original als Band 51 erschienen war und im Jahr 2436 spielt. Ich suchte bewusst Kriminalromane mit Science-Fiction-Anstrich heraus, die aber schöne Ideen vermittelten und hundertprozentig im PERRY RHODAN-Universum spielten.

Weitere Bände in meinem Konzept stammten von Autoren wie H. G. Ewers oder Peter Terrid. Ich nahm nur Romane, die in der klassischen Zeit des Solaren Imperiums spielten. Bei den Atlan-Abenteuern sah ich es dann nicht mehr so »eng«.

Natürlich setzte ich mit »Planet unter Quarantäne« von Ernst Vlcek (der Plantenroman 46 spielt im Jahr 239) oder »Die Träumer von Naphoora« von Peter Terrid (der Roman spielt im Jahr 2115, es ist Band 230 der Planetenromane) vor allem auf Geschichten aus der klassischen Zeit. Ich hatte aber auch Peter Grieses »Der lange Weg der SOL« auf der Liste, der im Jahr 3808 angesiedelt ist und dem Planetenroman 294 entspricht. Ebenso waren aktuelle Werke von Rainer Castor in dieser Liste.

Als jemand, der sich selbst als Fan des »Meister der Insel«-Zyklus bezeichnen würde, mochte ich schon immer jene Taschenbücher, die mit dem Mythos Andromeda  zu tun hatten. Also suchte ich den tschechischen Kollegen zehn Romane heraus, die sich mit dem »beliebtesten Epos der PERRY RHODAN-Geschichte« – so nannte ich es im Konzept – beschäftigten. Weiter schrieb ich: »Die Romane spielen entweder in der Galaxis Andromeda, oder es geht um die Auswirkungen des Andromeda-Krieges in den Jahren 2400 bis 2406.«

Zu den Titeln, die ich auswählte, zählen Klassiker von Hans Kneifel wie »Höllentanz der Marionetten« (Band 47, spielt im Jahr 2405) oder H. G. Ewers mit seinem »Herr über die Toten« (Band 40, er spielt im Jahr 2403). Gleich drei Bände von Peter Terrid und einer von Horst Hoffman zeigten deutlich, dass auch die »jüngeren« Autoren sehr stark von den »MdI«-Geschichten beeinflusst waren.

Ich überlegte längst darüber hinaus. »Möglich wären noch weitere Reihen«, schrieb ich – und so argumentierte ich es intern. Man könnte, so glaubte ich, Explorer-Romane veröffentlichen, aber ebenso Reihen mit Kolonisten-Abenteuern oder Mutanten-Geschichten. Am 15. Dezember 1998 schickte ich ein kurz gefasstes Konzept nach Prag, das die ersten drei Reihenkonzepte präsentierte.

Letztlich war die Konzeptarbeit »für die Katz«, wie man so schön sagt. Die Taschenbücher, die unsere Kollegen in Prag engagiert gestartet hatten, kamen nicht gut genug bei den Lesern an. Also wollten sie sich auf die Heftromane beschränken und erst einmal nichts weiter ausbauen – und damit waren all meine Reihenkonzepte unnötig.

Als ich recht frustriert darauf reagierte, tröstete mich Eckhard Schwettmann: »Wer weiß, wann wir mal wieder an die Planetenromane gehen. Da können wir solche Reihenüberlegungen doch immer gut brauchen.«

 

Klaus N. Frick