Der Redakteur erinnert sich: Gedanken zu ANTI-ES

28. Februar 2017

Im Herbst 1997 diskutierten Horst Hoffmann und ich mehrfach darüber, wie es mit den Silberbänden weitergehen sollte. Der »Schwarm«-Zyklus hatte uns beiden gefallen, auch in der Bearbeitung, die Horst in den Silberbänden geleistet hatte. Beim »Altmutanten«-Zyklus war es nicht ganz einfach gewesen, die Handlung entsprechend zu straffen und somit spannender zu machen. Jetzt aber stand der »Anti-ES«-Zyklus vor der Tür, und der bereitete uns beiden Kopfzerbrechen.

In einem Telefonat hatte Horst Hoffmann vorgeschlagen, den gesamten Zyklus ausfallen zu lassen. »Wir springen direkt zu den Laren und der Geschichte um das Konzil der Sieben«, argumentierte er. Das sei spannender als alles andere davor, damit würden wir die Leser sicher fesseln können. Beim »Anti-ES«-Zyklus gäbe es zu viele Widersprüche innerhalb der fünfzig Romane, die man kaum »auf Reihe« bringen könne.

Ich verstand seine Argumentation sehr gut, erinnerte ich mich doch selbst an meine Lektüre dieses Zyklus. Andererseits entsann ich mich eben auch vieler spannender Romane, vor allem an die packenden Naupaum-Geschichten. Also formulierte ich am 9. Oktober ein Schreiben an den Buchbearbeiter, in dem ich meine Ideen für eine weitere Fortführung der Serie formulierte.

Davor hatte ich mehrere Tage damit verbracht, in den alten Heftromanen zu blättern, um mir den Inhalt der fünfzig Romane vor Augen zu führen. »Nimm das hier bitte einfach als eine Art Gedankenstütze«, schrieb ich vorsichtig, »vielleicht kannst Du damit etwas anfangen.« Wie es sich später herausstellte, übernahm der Bearbeiter nur einen Teil meiner Vorschläge – aber genau das war das Ziel eines solchen Arbeitspapiers gewesen.

»Ich bin absolut dagegen, den Zyklus ausfallen zu lassen«, schrieb ich. Der Zyklus lege schließlich »auch eine Basis für weitere Bände«. Ich nannte die weitere Entwicklung der Galaxis Andromeda und die Figur des Ganerc-Callibso sowie die Geschichte von Alaska Saedelaere. Vor allem wollte ich die Hintergründe zu Anti-ES nicht einfach unter den Tisch fallen lassen.

Allerdings verband ich mit meinem Wunsch eine harte Forderung: »Wir müssen den Zyklus natürlich brachial einkürzen, das heißt, Du musst das tun«, schrieb ich. Ich schlug vor, den Zyklus in ganzen fünf Bänden zu erzählen.
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Band 68 sollte dann »Die unsichtbare Grenze« heißen und die Original-Romane 600 bis 607 enthalten. »Stellenweise ist das schon recht originell«, argumentierte ich und verwies unter anderem auf »Bount Tehera aus dem Altmutanten-Zyklus« und »die ganzen ›Anti‹-Geschichten«.

Band 69 sollte nach dieser Überlegung dann schlicht »Pilgerflug nach Terra« heißen und die Romane 608 bis 620 enthalten. »Da kürzen wir gnadenlos die PAD-Seuche zusammen und machen aus dem Rhodan-gegen-Rhodan-Kampf etwas ganz anderes«, schlug ich vor, ohne dass ich die betreffenden Original-Romane vorher noch einmal gelesen hatte.

Für Band 70 schlug ich »Kampf der Gehirne« vor. Er »wäre auch ein gutes Jubiläum und setzt Rhodan schon sehr gut in Szene – da müssten wir doch die Bände 620 bis 630 reinkriegen«. Buch 71 sollte nach meinem Gedankengang »Ruf aus der Unendlichkeit« heißen und die Bände 631 bis 637 umfassen, »also die weiteren Machtkämpfe in Naupaum und die Hirnspielereien in der Milchstraße«.

Den großen Wurf wollte ich mit Band 72 erreichen. »Kontakte mit der Ewigkeit« würde nach diesem Konzept die Romane 638 bis 649 enthalten und sich »mit dem neuen Zug von Anti-ES« beschäftigen. Mir war klar, dass das unglaublich viel »Futter« für ein Buch war, aber ich traute Horst zu, auch diese Aufgabe zu bewältigen. Ausfallen lassen wollte ich die fünfzig Bände des »Anti-ES«-Zyklus auf keinen Fall, dafür hatte ich sie zu gern gelesen.

Meine Vorschläge gingen sogar darüber hinaus. Mir war klar, dass der Autor mit dem Einkürzen allein nicht zurande kommen würde. »Wir müssen noch etwas draufsatteln, also nachträglich den Zyklus legitimieren«, überlegte ich. Ich wollte zusätzliche Elemente einarbeiten und stellte einige Überlegungen vor.

»Wir behaupten im Rahmen der Bücher einfach, dass Catron am Rand unseres Superclusters liegt und Naupaum in einer der großen Leeren dahinter«, schrieb ich. Zu dieser Zeit hatte das Hubble-Teleskop gerade großflächige Strukturen im Universum entdeckt, die nicht nur die Wissenschaftler faszinierten, sondern auch Laien wie mich beschäftigten. Das Universum schien aus riesigen Ansammlungen von Galaxien zu bestehen, zwischen denen es ebenso riesige Leerstellen gab. Und da die geschilderten Galaxien im genannten Zyklus so weit auseinanderlagen, bot es sich meiner Ansicht nach an, zwischen Naupaum und Catron einen riesigen Leerraum »kosmologisch« zu begründen.

Eine andere Idee war, dass Perry Rhodan allerlei »Hinterlassenschaften sehen oder finden« sollte. Ich überlegte beispielsweise, die »Neunturmanlagen der Loower« – die es überall im Universum geben sollte – auch in Naupaum finden zu lassen. Damit könnte man »Naupaum im kosmischen Rahmen« ebenfalls stärker verankern.

Überlegen sollten wir auch, »Naupaum stärker mit dem ES-Mythos« zu verbinden, um klarzustellen, wie wichtig die Galaxis ist. Hierzu hatte ich aber keine weitergehende Idee; es ging in dieser Phase erst einmal darum, dem Autor einige Gedanken zu übermitteln.

In der Folge diskutierten Horst Hoffmann und ich einige Male, dann stand die Planung im Groben und Ganzen. Wir würden den »Anti-ES«-Zyklus nicht ausfallen lassen, sondern ihn zu einem wichtigen Bestandteil der Silberband-Serie machen. Horst Hoffmann würde keine zusätzlichen Elemente erfinden, sondern versuchen, die Essenz der fünfzig Hefttromane so gut wie möglich in die Bücher zu übertragen. Und so geschah es ...

                                                                                                                                     Klaus N. Frick

(Nachbemerkung: Der erste Band des »Anti-ES«-Zyklus trägt den Titel »Anti-Universum« und kam mit der Bandnummer 68 in den Handel. Er ist als E-Book sowie als gebundenes Buch überall im Handel erhältlich, unter anderem bei Amazon.)