Der Redakteur erinnert sich: Der WeltCon beginnt im ETAP-Hotel

9. Mai 2018

An diesem Abend war ich gebührend erschöpft. Ich hatte am Nachmittag den Sonderzug geschmückt, zusammen mit Kolleginnen aus der Grafik-Abteilung des Verlages, und dann waren wir mit 700 PERRY RHODAN-Fans von Mannheim nach Saarbrücken gefahren. Wir schrieben den Freitag, 5. September 1986, und ich wollte endlich etwas essen. Für mich war der »Space Trip« erst einmal vorüber.

Am Bahnhof, wo immer noch Kameraleute und Journalisten um die eingetroffenen Fans kreisten, rollten bereits die Busse an. Sie transportierten die Leser, die sich für ein preiswertes Quartier angemeldet hatten, zur sogenannten Eislaufhalle. Diese war in direkter Nachbarschaft der Saarlandhalle und bot für vier Mark pro Nacht eine Übernachtungsmöglichkeit.

Ich erfuhr nie, wie viele Fans dort schliefen – oder es zumindest versuchten. Es waren zwischen 500 und 1000 Personen; leider versagte an dieser Stelle unsere Organisation bereits im Vorfeld.

Ich kletterte zusammen mit den Kolleginnen in ein Taxi, dann fuhren wir ins ETAP-Hotel. Das lag verkehrsgünstig in der Innenstadt. Ich hatte gehofft, auf die PERRY RHODAN-Autoren zu treffen und noch mit diesen zu sprechen – aber da hatte ich mich verrechnet. Wir checkten ein, dann aßen wir gemeinsam. Es folgte eine abschließende Besprechung, und der Tag war für mich am Ende.

Richtig los ging es am Samstagmorgen. Als Verlagsangestellter musste ich weitaus früher zum Frühstück als die Autoren, immerhin wollten wir eine Pressekonferenz organisieren. Als die Autoren langsam in den Frühstücksraum kamen, eilten wir schon zum Taxi und fuhren zur Eislaufhalle.

Mit den Grafikerinnen überprüfte ich die Räumlichkeiten. Gemeinsam schauten wir uns noch einmal die Dekoration an und organisierten manche Sachen um.

Die Halle hatte noch geschlossen, aber die ersten PERRY RHODAN-Leser näherten sich bereits dem Gebäude. Der Verkaufsstand des »Ex-Press«-Versandes wurde aufgebaut, dort begrüßte ich einige Bekannte. Dieser Versandhändler war der einzige, der auf dem WeltCon verkaufen durfte. Aus Platzgründen gab es keine Händlerbörse, und der Händler bot nur Neuware an. Immerhin zählte zu dieser Neuware auch die aktuelle Ausgabe der Zeitschrift »Sagittarius«, die ich zu der Zeit mit einigen Bekannten zusammen herausgab.

Ich bekam nicht mit, wie die Pforten geöffnet wurden; ich wusste aber, dass die Helfer vom Science Fiction Club Universum (SFCU) bereit standen, um den Besuchern zu helfen. Der Club aus dem Saarland sollte an diesem Wochenende dafür sorgen, dass alles reibungslos lief. Einige der Mitglieder kannte ich schon, andere sollte ich an diesem Wochenende kennenlernen. Ich fand beeindruckend, was der SFCU auf die Beine stellte.

Aber ich musste um diese Zeit an der Pressekonferenz teilnehmen. Viel bekam ich von ihr gar nicht mit. Ich half mit, die Tische vorzubereiten und die Unterlagen auszuteilen. Das professionelle Team der Saarlandhalle unterstützte uns, s dass alles glatt ging. Um die Journalisten selbst kümmerte sich Linda Ivanus-König, die den WeltCon als Chefin der Public-Relations-Abteilung zum größten Teil organisiert hatte.

Während sie den anwesenden Vertretern von Zeitungen und Zeitschriften, Radio und Fernsehen noch einmal erzählte, was PERRY RHODAN eigentlich sei und was wir mit dem Con vorhatten, verließ ich bereits wieder den Konferenzraum. Ich schaute nach, ob die Autoren langsam eingetroffen waren, und betrachtete dann mit breitem Grinsen, wie die Scharen von Fans in die Halle strömten. Auch wenn der Con noch gar nicht eröffnet war, hatte die Saarlandhalle ihre Pforten geöffnet.

(Wie viele Besucher der Con hatte, wussten wir übrigens nicht. Behauptet wurde abschließend, es seien fast 5000 Menschen gewesen. Genaue Zahlen lagen aber nicht vor, weil es im Vorfeld ein ziemliches Chaos mit den Buchungssystemen gegeben hatte.)

Noch einmal überprüften wir die Bühne, noch einmal wurde geschaut, ob auch alles stimmte. Die Autoren hatten ihren Auftritt geübt, die Plätze für die Moderatoren waren durch Markierungen auf dem Bühnenboden fixiert worden.

Tatsächlich hatten die Arbeiter, die für den Aufbau verantwortlich waren, eine Meisterleistung verbracht: Noch wenige Tage zuvor war die Bühne leer gewesen, nun wirkte sie mit ihren Aufbauten so, wie sich ein Laie eine Science-Fiction-Welt vorstellen mochte. Teuer genug war der Aufbau mit allen Details sowieso gewesen, allein das Bühnenbild hatte eine fünfstellige Summe verschlungen.

Als der Con an diesem Samstag endlich eröffnet wurde, war das weite Rund der Halle komplett besetzt. Alle Zweifel, die ich bis zu diesem Zeitpunkt gehabt hatte, waren verflogen. Trockeneisnebel wallten über die Bühne, waberten um die Aufbauten herum. Scheinwerferlicht zuckte, dröhnende Musik lief. Kleine Roboter rollten über die Bühne, ferngesteuerte Apparate, die der Verlag ansonsten dafür einsetzte, um in Fußgängerzonen oder Kaufhäusern Werbung zu machen.

Der Saal tobte. Tausende von PERRY RHODAN-Fans schienen von der Show begeistert zu sein; von meinem Platz schräg hinter der Bühne hörte ich das Jubeln und Klatschen. Es war der Samstag, 6. September 1986, und der zweite PERRY RHODAN-WeltCon hatte nun endlich begonnen ...

 

Klaus N. Frick