Nnedi Okorafor: Binti Außergewöhnliche und faszinierende Science Fiction

30. April 2019

Nnedi Okorafor ist eine der ungewöhnlichsten Autorinnen, die es in der aktuellen Science-Fiction-Szene gibt. Sie lebt in den Vereinigten Staaten, wuchs aber in Nigeria auf. In ihren Geschichten und Romanen, die mittlerweile mehrfach preisgekrönt worden sind, verarbeitet sie Einflüsse aus Afrika ebenso wie aus dem technischen Umfeld der USA.

Ihre Romane werden hierzulande von Cross Cult veröffentlicht. Im Herbst 2018 erschien mit »Binti« das aktuelle Buch der Autorin. Dabei handelt es sich um eine Zusammenstellung von drei Novellen, die allesamt die Figur Binti ins Zentrum stellen. Die Novellen wurden in den USA jeweils einzeln veröffentlicht und erhielten teilweise Literaturpreise, bilden aber eine erzählerische Einheit. Es ist also sinnvoll, sie »am Stück« zu lesen, wie sie von Cross Cult auch präsentiert werden – als ein Roman in drei Teilen also.

Die Hauptperson trägt den Namen Binti, sie entstammt dem Volk der Himba. Zur aktuellen Zeit handelt es sich bei den Himba um ein sehr kleines Volk, das meist nomadisch lebt und in den Ländern Botswana und Namibia durch unwirtliche Gegenden zieht. In der von der Autorin geschilderten Zukunft, über die man nicht viel erfährt, leben die Himba immer noch in ihrer ursprünglichen Heimat; sie sind sehr naturverbunden, nutzen aber längst alle Arten von Technologie und haben Geheimnisse, die mit Außerirdischen zu tun haben.

Von diesen interstellaren Verbindungen weiß Binti nichts, als sie sich in der Nacht davonschleicht. Sie möchte zur Oomza Universität reisen, einer der besten Lehranstalten der Galaxis. Weil sie auch in der Fremde die heimischen Sitten beibehält – beispielsweise bedeckt sie ihre Haut immer mit einer rötlichen Masse, ohne die sie sich nackt fühlt –, fällt sie im Raumschiff auf. Doch als dieses Raumschiff von Außerirdischen, den sogenannten Medusen, angegriffen wird, ist Binti die einzige, die den Mord an allen Passagieren überlebt. Es gelingt ihr sogar, Frieden mit den Medusen zu schließen …

In den drei Geschichten des Buches wird eigentlich immer ein Thema variiert: Es geht um Fremdartigkeit – wie anders ist ein Mensch oder ein Außerirdischer, den es in eine fremde Umgebung verschlägt? Und wie sehr muss man seine eigene Identität verteidigen, wenn man sich auf die fremde Umgebung einlässt? Binti fremdelt schließlich nicht nur mit der Kultur, auf die sie in der Universität trifft, sie fremdelt noch viel mehr mit der Kultur, aus der sie ursprünglich stammt.

Es ist Nnedi Okorafor hoch anzurechnen, dass sie als Autorin eine so eigenständige Science Fiction schreibt. Wer unter Science Fiction bisher Klassiker wie Robert A. Heinlein oder Isaac Asimov verstand, wer vor allem an große Raumschiffe oder Sternenreiche denkt, wie sie beispielsweise in der PERRY RHODAN-Serie vorkommen, der wird mit »Binti« durchaus selbst fremdeln.

Die Autorin lässt technische Details komplett weg. Die Leser erfahren nicht, wie die Raumschiffe funktionieren oder nach welchem Prinzip die Erde und ihre Bevölkerung in den Kreis der galaktischen Kulturen eingebunden sind. Die Autorin verrät auch nicht, wann genau ihre Geschichten spielen – der Leser kann nur erahnen, dass sie mehrere Jahrhunderte in der Zukunft angesiedelt sind.

Nnedi Okorafor spielt stattdessen mit den kulturellen Details der Menschen und der Außerirdischen. Nicht nur die fremdartigen Medusen kommen dem mitteleuropäischen Leser seltsam vor, sondern auch die Himba, aus deren Mitte die Heldin stammt. Diese Botschaft möchte die Autorin offenbar vermitteln: Kulturelle Probleme entstehen, wenn man sich nicht versteht und wenn die Bereitschaft fehlt, die Schwierigkeiten durch einen Dialog aus der Welt zu räumen.

Manche Leute geben der Science Fiction der Autorin den Begriff »Afrofuturismus«. Das kann man tun, weil sie ihre afrikanische Herkunft nicht verleugnen kann – gleichzeitig engt es sie aber ein. Die Autorin schreibt auf jeden Fall eine sehr eigenständige Science Fiction, die ich vor allem jenen Menschen empfehlen möchte, die gerne etwas lesen möchten, das sprachlich wie inhaltlich »anders« ist.

Die Leser werden mit einem faszinierenden Einblick in eine Welt belohnt, zu der lebende Raumschiffe ebenso gehören wie Außerirdische, die wie Gold aussehen, oder Menschen, die mathematisch denken können. Ich fand das sehr spannend!

Erschienen ist der Roman als schönes Paperback mit Klappumschlag im Verlag Cross Cult; er ist 400 Seiten stark und kostet 18,00 Euro. Mithilfe der ISBN 978-3-959816-53-3 kann man ihn in allen Buchhandlungen bestellen, auch bei Versendern wie dem PERRY RHODAN-OnlineShop. Die E-Book-Ausgabe kostet 9,99 Euro.

Binti
Okorafor, Nnedi
Cross Cult Entertainment GmbH & Co
ISBN/EAN: 9783959816533
18,00 €
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