Franz Rottensteiner: Zukunftskriege in der Science Fiction Eine Zukunft voller Krieg und Revanchismus

27. Dezember 2019

Auch wenn es den Begriff damals noch nicht gab: Schon in den Jahren und Jahrzehnten vor dem Ersten Weltkrieg wurde Literatur veröffentlicht, die sich mit der Zukunft beschäftigte, die man also aus heutigem Blickwinkel als Science Fiction bezeichnen müsste. Sie war häufig kriegslüstern und rassistisch, aber sie extrapolierte – wie viele SF heutzutage – einfach aktuelle Themen in eine nahe Zukunft.

Eine spannende Zusammenstellung dazu bietet das Sachbuch »Zukunftskriege in der Science Fiction«, das zahlreiche Beiträge von Franz Rottensteiner enthält. Es gibt einen faszinierenden Einblick in die Science Fiction, wie sie in den Jahren zwischen 1871 und 1918 geschrieben und veröffentlicht wurde – meist sind Beispiele aus dem deutschsprachigen Raum genannt, seltener werden auch Texte aus anderen Sprachen aufgeführt.

Rottensteiner ist seit Jahrzehnten einer der Experten für phantastische Literatur im deutschsprachigen Raum. Er gab zahlreiche Bücher heraus, wirkte als Kritiker und Lektor. Seine Sachkenntnis ist unbestritten, auch nicht von jenen, die er kritisiert hat.

Im Prinzip handelt es sich bei dem vorliegenden Buch um eine Sammlung ausführlicher Buchbesprechungen, kurze Aufsätze zu Romanen aus der genannten Zeit. In den jeweiligen Werken schrieben diverse Autoren – meist waren es Amateure – über die kommenden Kriege, in denen Deutschland und seine jeweiligen Verbündeten immer gewinnen sollten. Mal wurde ein solcher Krieg gegen die Franzosen geführt, mal gegen die Briten, manchmal auch gegen China oder afrikanische Staaten.

In den einzelnen Texten, die Rottensteiner ursprünglich in Sammelwerken veröffentlicht hat, wird klar, wie rassistisch und kriegslüstern die Kriegsliteratur jener Jahrzehnte war. Die Autoren schrieben unverhohlen davon, dass die Welt unter deutsche Herrschaft zu kommen habe; gleichzeitig ist ihre Naivität streckenweise unfassbar. Man konnte sich die Schrecken des kommenden Ersten Weltkriegs nicht vorstellen. Bei Beschreibungen von Luftangriffen oder auch bei Kavallerieangriffen wird das besonders deutlich.

Ganz klar: Man muss sich für phantastische Literatur im Allgemeinen und Science Fiction im Besonderen interessieren, um eine Freude an diesem Buch zu haben. Wer aber mehr über die Hintergründe eines Genres wissen möchte, das so viele Menschen begeistert, findet in diesem Werk einen unglaublichen Schatz an Informationen.

Ich habe »Zukunftskriege in der Science Fiction« sehr gern gelesen. Weil es sich um einzelne Artikel handelt, die selten länger als zwei Seiten sind, gestaltet sich die Lektüre sehr kurzweilig. Man kann immer mal wieder eine Pause einlegen, sich dann wieder einen Text vornehmen. Ich bin sicher, dass ich auch später nach diesem lesenswerten Buch greifen werde.

Das Buch ist als schönes Paperback im Verlag Dieter von Reeken erschienen. Es umfasst 159 Seiten, Dutzende von Artikeln und rund dreißig Abbildungen der genannten Bücher. Das Buch kostet 15,00 Euro und kann mithilfe der ISBN 978-3-945807-26-2 direkt im Verlag sowie bei diversen Buchhandlungen bestellt werden. Weil es sich um die Publikation eines kleinen und sehr engagierten Verlages handelt, empfehle ich, das Buch direkt über dessen Internet-Seite zu beziehen.