Die Woche der Splitter-Tipps (Teil 2) Kai Meyer / Yann Krehl / Marie Sann: Frostfeuer – Gesamtausgabe

10. Mai 2016

Die phantastische »Frostfeuer«-Trilogie

Mit ihrer Comic-Umsetzung von Kai Meyers phantastischem Roman »Frostfeuer« wurde die Künstlerin Marie Sann weithin bekannt. Ihre Version erschien in drei großformatigen Comic-Alben, es gibt aber auch eine Gesamtausgabe. Übers Wochenende nahm ich mir diese endlich einmal vor und ließ mich von den phantastischen Bildwelten gefangen nehmen ...

Der Inhalt des Comics folgt dem Roman von Kai Meyer; die Handlung spielt Ende des 19. Jahrhunderts in Sankt Petersburg. Schauplatz ist das Grand Hotel Aurora, in dem ein seltsames Mädchen lebt und arbeitet. Das Mädchen heißt Maus, es hat das Hotel nie verlassen und hat keine Eltern mehr.

Im Hotel zählt es zum Personal und verrichtet »niedere« Arbeiten, putzt also beispielsweise die Schuhe der wohlhabenden Gäste. Dabei wird Maus von manchen Kollegen schikaniert oder gehänselt, weil sie Angst vor der Welt außerhalb des Hotels hat; andere wiederum stehen ihr freundlich gegenüber.

Doch dann kommen ungewöhnliche Gäste ins Hotel. Der eine Gast ist eine kalt wirkende Frau, die stets in Weiß gekleidet ist und sich später als die zauberkundige Schneekönigin erweist. Der andere Gast ist eine Frau, die ebenfalls magisch begabt ist. Beide umgarnen Maus, beide kämpfen auf verschiedene Weise gegeneinander. Und während die zwei Zauberinnen ihr Duell ausfechten, erfährt Maus immer mehr über ihre Vergangenheit ...

Kai Meyers Roman ist schwungvoll erzählt, voller schöner Details, gelungener Beschreibungen und flotter Dialoge. Dass »Frostfeuer« ein Jugendbuch ist, merkt man dem Roman immer an: nicht nur weil die Heldin ein Mädchen ist, sondern auch deshalb weil viele Probleme eher jugendlich wirken. Das störte mich bei der Lektüre des Romans nie, und es macht auch den Charme des Comics aus. Wenngleich sich die Geschichte vorrangig an Jugendliche richtet, können Erwachsene viel Freude an ihr haben.

Die Umsetzung des Romans in ein Comic-Skript wurde von Yann Krehl übernommen, der mit Kai-Meyer-Stoffen schon einige Erfahrung sammeln konnte. Von ihm stammt auch die Comic-Textversion der Trilogie »Das Wolkenvolk«, die ebenfalls im Splitter-Verlag erschienen ist. Bei »Frostfeuer« hatte er die schwierige Aufgabe, den voller einfühlsamer Beschreibungen steckenden Romantext in eine Comic-Adaption umzuwandeln. Ich finde, das ist ihm gelungen: Die Geschichte liest sich schnell und leicht, und ich hatte nicht das Gefühl, dass wesentliche Teile des Romans verloren gegangen waren.

Die wunderbaren Comic-Zeichnungen von Marie Sann vervollständigen das neue Werk – ein Beleg dafür, wie unterschiedlich Geschichten in einem Comic und in einem Roman funktionieren. Die Zeichnerin hat einen ungewöhnlichen Stil; manchmal merkt man, dass sie ursprünglich vom Manga herkommt, sich aber davon schon ein wenig entfernt hat. Die Bilder ergänzen die phantastische Geschichte nicht nur, sie vervollständigen sie – und das macht Marie Sann richtig klasse.

Die »Frostfeuer«-Gesamtausgabe ist im kleineren »Book«-Format im Splitter-Verlag erschienen – also nicht so großformatig wie die drei einzelnen Comic-Alben. Er ist 160 Seiten stark und kostet 19,80 Euro. Der Comic-Band enthält darüber hinaus ein Making Off. Mithilfe der ISBN 978-3-86869-296-9 gibt’s »Frostfeuer« überall im Comic-Fach- sowie im Buchhandel, wo man das Buch auch bestellen kann; ebenso können es Versender wie Amazon liefern.

Eine schöne Idee ist übrigens das Youtube-Video, das die Zeichnerin erstellt hat. Marie Sann erläutert, wie der Comic entstand, zeigt Skripts und erste Entwürfe und macht somit klar, wieviel Arbeit in einem solchen Projekt wirklich steckt.
 

Klaus N. Frick