Die Redaktion empfiehlt: »Sein Name war Ptirou« von Yves Sente / Laurent Verron Ein Comic erzählt eine Comic-Vorgeschichte

27. August 2018

Zu den großen Comic-Erfolgen des zwanzigsten Jahrhunderts zählt Spirou: Der Junge mit den struppigen Haaren und der roten Uniform war nicht nur der Namensgeber für eine der erfolgreichsten Comic-Zeitschriften überhaupt, sondern begeistert zudem als Comic-Serie seit Jahrzehnten seine Leser. Große Künstler wie André Franquin prägten die Serie, die in den vergangenen Jahren zu neuen Höhen aufgebrochen ist.

In der Reihe »Spirou + Fantasio Spezial« erscheinen hierzulande immer wieder Titel, die nicht in das »reguläre« Programm der Serie passen. Mit »Sein Name war Ptirou« liegt ein Comic vor, der nicht nur spannend und abwechslungsreich erzählt wird, sondern der auch zeigt, wie man eine »alte Serie« in neuer Weise mit ihrer Vergangenheit verbinden kann.

Dieser Comic führt die Leser nämlich zu den Ursprüngen der Serie: Wie ist die Figur des Spirou denn wirklich entstanden, wie kam der Gedanke auf, einen Pagen in roter Uniform zu erfinden, der allerlei Abenteuer erlebt? Der Kunstgriff, den sich Yves Sente und Laurent Verron überlegt haben, ist ziemlich genial: Sie siedeln ihre Handlung in den zwanziger Jahren an und erzählen von einem Jungen namens Ptirou – dieser ist das wahre Vorbild einer Comic-Figur.

Wie das gehen soll? Ein Dampfer bildet die Kulisse. Er verkehrt zwischen Europa und Amerika. Einer der Passagiere wird nur als »Herr Robert« bezeichnet – dahinter verbirgt sich Rob-Vel, jener Comic-Künstler, der später Spirou erfinden sollte.

Ptirou wiederum ist ein frecher Junge, der im Zirkus großgeworden ist, wo er auch gelernt hat, sich akrobatisch zu bewegen. Seine Mutter hat er früh verloren, und nun will er sein Glück in Amerika versuchen. Es gelingt ihm nicht, eine Passage als Schiffsjunge zu erhalten, also schmuggelt er sich als Blinder Passagier an Bord ...

Yves Sente schafft es als Autor sehr geschickt, seine fiktive Figur aus einem Comic-Universum in der Wirklichkeit zu verankern. Zudem ist die Geschichte spannend erzählt: Die Auseinandersetzungen zwischen Arbeitgebern und Gewerkschaften oder soziale Spannungen werden glaubhaft geschildert, die Action passt stets, die Rahmenhandlung ist ausgesprochen gelungen, und die angedeutete Liebesgeschichte zwischen zwei Jugendlichen steckt voller schöner Szenen. Das ist große Unterhaltung, dynamisch erzählt und schnell nach vorne getrieben!

Laurent Verron als Zeichner versucht erst gar nicht, die Geschichte realistisch anzulegen oder – was die Alternative wäre – sich zu sehr an den »Spirou«-Klassikern zu orientieren. Seine Zeichnungen wirken schnell, manchmal wie Cartoons, sehr dynamisch und modern, immer an der Grenze zur Karikatur entlang. Das ist sehr eigenständig, wirkt auf mich künstlerisch frisch und trotzdem wie eine Verbeugung vor den frühen »Spirou«-Comics aus den fünfziger Jahren. (So schön ich es finde, wenn jemand versucht, im »Geist von früher« zu zeichnen, so spannend ist es für mich, wenn ich sehe, dass jemand eigene Wege geht.)

Mit »Sein Name war Ptirou« ist den beiden Künstlern ein Comic gelungen, der nicht nur hervorragend unterhält, sondern auch eine Verbindung aus der Frühzeit der »Spirou«-Geschichten zum Hier und Jetzt herstellt. Wer die Serie »Spirou« kennt, sollte auf jeden Fall zugreifen. Ich kann den Comic aber auch all jenen empfehlen, die sehen möchten, wie man eine »alte Marke« in die heutige Zeit bringt und ihr gewissermaßen eine neue Basis verschafft. Toll gemacht!

Erschienen ist »Sein Name war Ptirou« im Carlsen-Verlag als schöne Softcover-Ausgabe; die 80 Seiten kosten 12,99 Euro. Mithilfe der ISBN 978-3-551-77626-6 kann der Comic überall im Buch- sowie Comicfachhandel bestellt werden, natürlich auch bei Versendern wie dem PERRY RHODAN-OnlineShop.

Sein Name war Ptirou
Sente, Yves/Verron, Laurent
Carlsen Verlag GmbH
ISBN/EAN: 9783551776266
12,99 €
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