Die Redaktion empfiehlt: »Magdas Apokalypse« von Chloé Vollmer-Lo / Carole Maurel Ein angekündigter Weltuntergang und seine Folgen

12. Dezember 2017

Wie würden sich die Menschen verhalten, wenn sie wüssten, dass an einem ganz bestimmten Tag die Welt unterginge? Würde man weitermachen wie bisher, würde man sich ruhig und gelassen auf seinen Tod vorbereiten? Oder würde man in eine Raserei verfallen, alle Hürden der Zivilisation abstreifen und dann gewissermaßen in den Tod tanzen?

In dem beeindruckenden Comic »Magdas Apokalypse« gehen zwei französische Künstlerinnen dieser Frage nach. Ihre Hauptfigur ist Magda, ein 13 Jahre altes Mädchen, das in der Schule erfährt, dass in genau einem Jahr das Ende der Welt kommen wird. Ein Schock für alle!

Magda wird damit auch klar, dass sie ihren vierzehnten Geburtstag nie erleben kann, weil sie vorher zum Opfer einer Naturkatastrophe wird. (Wie genau die Katastrophe ablaufen wird und wieso man das so genau berechnen kann, erzählt der Comic nicht. Das ist für die Geschichte sowieso unerheblich.)

In ihrem persönlichen Umfeld verändert sich alles. Der Vater verlässt die Familie, weil er in seinem letzten Lebensjahr noch etwas erleben möchte. Gleichzeitig versuchen die Lehrer in der Schule weiterhin, so etwas wie eine bürgerliche Ordnung aufrecht zu halten.

Das aber kommt Magda immer falscher vor. Sie entschließt sich, ihr Leben zu genießen – und entdeckt mit 13 Jahren so fremde Dinge wie Drogen und Sex für sich.

Die Geschichte klingt, wenn man sie so zusammenfasst, als sei sie für Jugendliche geschrieben. Sicher können Jugendliche mit diesem Comic »abgeholt« werden, aber er ist eher für Erwachsene gedacht: Aus der Perspektive eines jungen Mädchens wird der Niedergang der Zivilisation beschrieben, mit einem realistischen und zutiefst traurigen Blick auf Familie und Gesellschaft.

Es ist der erste Comic, den die junge Französin Chloé Vollmer-Lo verfasst hat, soweit ich weiß – und die Geschichte ist ihr hervorragend gelungen. Die Autorin steigt tief in die Gefühlswelt ihrer Heldin ein, zeigt Gewalt und Liebe, Rausch und Freude, grausame Realität und letzte Hoffnung, in einer Geschichte, die einen tief in ihren Bann zieht. Die Geschichte bewegt, sie reißt mit, und sie weckt unweigerlich die Frage in den Lesern, wie sie sich selbst verhalten würden, stünden sie in einer vergleichbaren Situation.

Dazu passen die Zeichnungen. Carole Maurel zeichnet modern, ihre Bilder könnten auch Motive aktueller Pop-Bands sein. Sie zeigt Menschen besonders klar, in einer nicht realistischen Darstellung, die aber nichts mit einem »Funny« zu tun hat. (Wer sich darunter nichts vorstellen kann, möge sich die Leseprobe auf der Internet-Seite des Splitter-Verlages anschauen.)

Zwischen Wahnsinn und Liebe pendelt einer der ungewöhnlichsten Comics des Jahres, den ich gelesen habe. Hier kann man wirklich von einem Comic-Roman sprechen, das ist aktuelle Literatur, die mit eindrucksvollen Bildern erzählt wird. »Magdas Apokalypse« greift eine Science-Fiction-Idee auf und verlegt sie ins Hier und Jetzt, stellt eine starke Figur ins Zentrum und zeigt dann, wie eine Gesellschaft auf ihr Ende zusteuert.

Große Klasse!

Erschienen ist der Comic als schickes Hardcover im Splitter-Verlag. Die 192 Seiten gibt's für 24,80 Euro und mithilfe der ISBN 978-3-96219-026-2 überall im Buch- und Comicfachhandel. Selbstverständlich kann man »Magdas Apokalypse« auch bei Versendern wie dem PERRY RHODAN-Online-Shop bestellen.

 

Klaus N. Frick

Magdas Apokalypse
Vollmer-Lo, Chloé
Splitter Verlag GmbH & Co. KG
ISBN/EAN: 9783962190262
24,80 €
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