Die Redaktion empfiehlt: »Junktown« von Matthias Oden Extrem originelle Science-Fiction-Welt

22. Januar 2018

So etwas muss man sich erst einmal ausdenken: eine ganze Welt voller Drogen, und sie sind alle legal! Der Autor Matthias Oden, der als Redakteur für diverse deutschsprachige Zeitschriften tätig war und ist, schrieb mit »Junktown« einen Roman, in der er eine Welt schildert, die viele Leser erst einmal unerträglich finden dürften. In dieser Welt ist der Rausch nicht etwas, das man erlaubt oder duldet – sondern er ist erste Bürgerpflicht.

Der Autor schickt seine Leser in eine Welt, wie man sie zuletzt vielleicht in der Science Fiction bei Philip K. Dick gelesen hat, sie aber kaum bei einem deutschen Autor vermuten würde. Solomon Cain, die Hauptfigur dieses Science-Fiction-Krimis, schluckt ständig Drogen, spritzt sich Heroin, nimmt Zäpfchen und Tabletten sowie alle anderen chemischen Präparate. Das ist Pflicht – denn wer nicht genügend Drogen nimmt, wird von der Konsumistischen Partei, die in dieser Gesellschaft regiert, als Abweichler betrachtet.

Das Bizarre dabei: Cain ist Polizist. Er arbeitet für die Gemapo, die Geheime Maschinenpolizei dieser unheimlichen Welt in einer unbestimmten Zukunft, und er ist damit zuständig für Mechanbürger. In dieser Welt genießen Roboter oder gar Höhere Maschinenwesen also Bürgerrechte – und die Geschichte beginnt damit, dass ein Höheres Maschinenwesen ermordet wird. Als Polizist übernimmt Cain den Fall.

So beginnt ein Roman, der mich anfangs durchaus stresste. Die Darstellung von immer neuen Drogenexzessen fand ich nicht so spannend, der Fall wirkte kompliziert. Der Autor arbeitet mit einer detailreichen Sprache, die mal in einen Krimi-Slang verfällt, dann aber wieder mit wunderbaren Beschreibungen ein Bild von Junktown vermittelt, das ich faszinierend fand. Und so ließ ich mich dann doch auf diese Welt ein – und fand den Roman immer besser und spannender.

»Junktown« ist waschechte Science Fiction, auch wenn das für manche Puristen sicher grenzwertig sein dürfte. Es fliegen keine Raumschiffe durch die Gegend, aber das Klonen ist ebenso normal wie die Kommunikation mit Robotern. Die Welt ist merkwürdig anachronistisch, manche Beschreibungen kommen einem vor, als seien sie aus Filmen wie »Brazil« entsprungen. (Wer diesen Streifen nicht kennt: Schaut ihn euch an! Skurrile Science Fiction aus den 80er-Jahren!)

Matthias Oden kann schreiben, und das zeigt er. An der Figur des Solomon Cain führt er ein System vor, das in all seinen grellen und starken Bildern stimmig erscheint. Er schildert eine Diktatur des Rausches und des Mülls, deren Entstehung nicht im Detail geschildert wird. Es ist letztlich auch egal, ob so ein System wirklich existieren und vor allem längere Zeit bestehen könnte – Oden zeigt eine Welt, die in sich weitestgehend schlüssig ist.

Sein Detektiv ist ein Getriebener, ein moderner Marlowe, ein Mann mit einer dramatischen Vergangenheit und einer düsteren Zukunft. Weil er nichts zu verlieren hat, forscht und gräbt er weiter, auch nachdem ihm klar ist, dass er offenbar an einem extrem heiklen Thema ermittelt. Aber jemand, der so besessen ist wie Solomon Cain, der hört nicht so schnell auf, nur weil ihm ein Vorgesetzter auf die Finger klopft.

Um es klar zu sagen: Wer in einem Roman möchte, dass alles immer hundertprozentig logisch erscheint und die »Regeln« des Genres sauber eingehalten werden, der hat mit »Junktown« womöglich seine Probleme. Wer aber originelle Science Fiction lesen mag, die auch mal ein Thema bringt, das einem unbehaglich vorkommt, der sollte »Junktown« zumindest mal anlesen. Für mich war's der Überraschungsroman in Sachen deutschsprachiger Science Fiction des Jahres 2017 – spannend und lesenswert.

Der Roman ist als 400 Seiten starkes Paperback mit Broschur-Umschlag im Heyne-Verlag erschienen. Er kostet 12,99 Euro, und mithilfe der ISBN 978-3-453-31821-2 kann man es in jeder Buchhandlung bestellen – auch bei allen Versendern wie etwa dem PERRY RHODAN-OnlineShop. Selbstverständlich gibt es ebenso ein E-Book; diese Version kostet 9,99 Euro.

Informationen zum Autor oder Pressestimmen bietet die Internet-Seite des Verlages. Dort steht auch eine Leseprobe zur Verfügung.
 

Klaus N. Frick

Junktown
Oden, Matthias
HEYNE
ISBN/EAN: 9783641197179
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Junktown
Oden, Matthias
Heyne, Wilhelm Verlag
ISBN/EAN: 9783453318212