Die Redaktion empfiehlt: »Hologrammatica« von Tom Hillenbrand Packender Blick in das Jahr 2088

7. Mai 2018

Tom Hillenbrand ist ein Autor, der sich in verschiedenen Welten bewegt: Mit seinen Kieffer-Krimis bringt er Luxemburg und gutes Essen gleichermaßen auf die Bestsellerlisten, mit »Der Kaffeedieb« lieferte er einen spannenden historischen Roman, und mit »Drohnenland« sorgte er für einen Science-Fiction-Bestseller, der Thriller-Aspekte mit aktuellen SF-Themen verband.

Zuletzt erschien von ihm »Hologrammatica« als Taschenbuch bei Kiepenheuer & Witsch. Der Verlag vermied den Begriff »Science Fiction« auf dem Titelbild und bezeichnete den Roman als »Thriller« – das ist auch nicht falsch. Tatsächlich handelt es sich um einen sehr spannenden, ausgezeichnet geschriebenen und hervorragend recherchierten Thriller, der im Jahr 2088 spielt und ganz nebenbei ein glaubhaftes Bild der nahen europäischen Zukunft entwirft.

Mit Galahad Singh stellt der Autor eine ungewöhnliche Hauptperson vor. Er ist Quästor, eine Art Privatermittler mit großen Möglichkeiten; er ist ein Brite mit indischen Wurzeln, er liebt Jazz, und er ist schwul. Diese privaten Zusammenhänge sind aber allesamt kein Selbstzweck, sondern sie charakterisieren die Hauptfigur und stellen Beziehungen zu anderen Figuren her, helfen letztlich, einem komplexen Fall auf die Spur zu kommen.

Eigentlich geht alles mit einer harmlos erscheinenden Meldung los: Eine Frau ist verschwunden, und diese soll Singh wiederfinden. Irgendwie scheint sie in Zusammenhang mit aktuellen technischen Entwicklungen zu stehen. Während er die Frau zu finden versucht, tritt er in Kontakt zu verschiedenen Behörden, lernt die aktuellen technischen Entwicklungen kennen, verliebt sich, hat einen harten Konflikt mit seinem Vater und steht am Ende mit offenen Augen vor einer Welt, die sich rasant verändert hat und sich auch weiterhin verändert wird.

So ließe sich dieser Roman zusammenfassen, der eigentlich ein klassischer Kriminalroman ist – Detektiv sucht Frau und findet die Hintergründe –, der aber in Wirklichkeit eine umfassende Weltsicht liefert. Das ist streckenweise durchaus komplex geschrieben, als Leser schadet es also nicht, ab und zu mal zurückzublättern, um vorherigen Hinweisen nachzuspüren. Wer sich auf »Hologrammatica« einlässt, wird mit starken Ideen und beeindruckenden Bildern konfrontiert, die man so schnell nicht vergisst.

Eine schöne Idee ist die der sogenannten Quants. Innerhalb der Science Fiction wird schon seit längerem mit der Theorie gespielt, dass Menschen ihren Bewusstseinsinhalt irgendwann auf technische Geräte abspeichern können. Das wird in Hillenbrands Roman noch weiter durchdacht: Menschen sind in der Lage, ihr Bewusstsein nicht nur abzuspeichern, sondern es dann auf Klon-Versionen von sich selbst hochladen zu lassen. Diese Klone schicken die Menschen dann in den Einsatz oder lassen sie riskante Abenteuer erleben. Zu welchen Folgen eine solche Technik führt, ist eines der Themen in diesem Roman.

Rein optisch und manipulativ ist das sogenannten Holopolish: Durch den Einsatz von winzigen Hologrammen lassen sich nicht nur ganze Städte verschönern, sondern ebenso menschliche Gesichter oder Kleidungsstücke. Wer beispielsweise eine Hautunreinheit hat, lässt einfach mittels eines Hologramms eine andere Optik über die Details seines Gesichts platzieren und präsentiert sich somit attraktiver als zuvor. Nichts ist mehr, wie es scheint – und diese neue Welt ist eine, in der sich Ermittler wie Galahad Singh durchaus schwer tun.

Das sind nur einige der Aspekte, die diesen Roman prägen. »Hologrammatica« entwirft zudem das Bild einer Welt, in der Sibirien als Zufluchtsort für viele Europäer dient – eine Folge der Klimaerwärmung – oder eben der Mars bereits von Raumschiffen erreicht wird. Diese facettenreiche Welt findet im Roman häufig nur im Hintergrund statt, was die Lektüre gelegentlich anspruchsvoll gestaltet.

»Hologrammatica« ist nicht nur ein Thriller und nicht nur ein Science-Fiction-Roman. Es ist das Porträt einer Welt, die schräg und absonderlich wirkt, aber sehr wohl etwas mit unserer Realität zu tun hat. Wer sich für Science Fiction interessiert, sollte diesen Roman lesen. Schon jetzt dürfte er einer der besten deutschsprachigen Science-Fiction-Titel des Jahres 2018 sein.

Absolut empfehlenswert!

Durchaus interessant ist es übrigens, die Internet-Seite des Verlags zu besuchen. Dort steht nicht nur eine Leseprobe zur Verfügung, es gibt auch haufenweise Texte über das Buch zu entdecken, und man kann sich einen Trailer anschauen.

Erschienen ist »Hologrammatica« als Taschenbuch; der Roman umfasst 560 Seiten und kostet 12,00 Euro. Mithilfe der ISBN 978-3-462-05149-0 kann man ihn in jeder Buchhandlung kaufen. Auch Versender liefern ihn aus, beispielsweise der PERRY RHODAN-OnlineShop.

 

Klaus N. Frick

Hologrammatica
Hillenbrand, Tom
Verlag Kiepenheuer & Witsch GmbH & Co KG
ISBN/EAN: 9783462051490
12,00 €
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KIEPENHEUER & WITSCH EBOOK
ISBN/EAN: 9783462318265
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ISBN/EAN: 9783785756973