Ohne Zweifel hat H. G. Wells die Science Fiction geprägt wie kaum ein anderer Autor. Viele grundlegende Ideen wurden in den Romanen des britischen Schriftstellers erstmals veröffentlicht – dazu zählen die Zeitreise und die mit ihr verbundenen Probleme. Es liegt also nahe, seine wichtigsten Romane in Comics zu veröffentlichen.
Dies geschieht in einer attraktiven und zugleich überschaubaren Reihe im Splitter-Verlag. Die einzelnen Alben sehen toll aus und verschaffen einen gelungenen Einblick in das Werk von H. G. Wells – ich habe den ersten Band dieser Tage endlich gelesen. »Die Zeitmaschine« wurde von dem französischen Comic-Autor Dobbs in eine verkürzte Form übertragen, und Mathieu Moreau gestaltete die eindrucksvollen Bilder.
Die Geschichte dürfte Science-Fiction-Lesern bekannt sein. 1895 schrieb Wells einen Roman, in dem er einen Wissenschaftler tatsächlich eine Zeitmaschine erschaffen lässt. Der Mann experimentiert ein wenig herum, dann beginnt er mit seinen Reisen. Unter anderem erreicht er die ferne Zukunft des Jahres 802.701.
In dieser Zukunft gibt es erfreulicherweise immer noch Menschen. Der Wissenschaftler freundet sich mit den Eloi, wie sie sich nennen, ein wenig an und teilt ihr Dasein. Sorglos leben sie in den Tag hinein, denken nicht über ihre Existenz oder ihre Zukunft nach, sondern verhalten sich wie stets fröhliche Kinder. Doch bald findet der Wissenschaftler heraus, dass es eine zweite Art von Menschen gibt: Es sind die Morlocks, die in der Unterwelt leben und sich als monströse, lichtscheue Wesen entpuppen ...
»Die Zeitmaschine« sorgte beim ersten Erscheinen für großes Aufsehen. Für die Menschen des ausgehenden 19. Jahrhunderts war klar, dass Wells nicht nur einen spannenden Roman, sondern gleichzeitig eine bittere Satire auf aktuelle gesellschaftliche Entwicklungen verfasst hatte. Entsprechend nachhaltig war die Wirkung des Romans, der bis heute immer wieder aufgelegt, verfilmt oder adaptiert wird.
Dobbs hat sich als Szenarist daran gemacht, den Geist jener Zeit einzufangen, in der Wells seinen Roman veröffentlichte. Seine Wissenschaftler sind skeptisch, ihr Blick auf die Welt und auf die Zukunft ist von einem sturen Glauben an die Forschung beherrscht. Stück für Stück entblättert sich vor dem Zeitreisenden dann aber eine Welt, die mit seiner eigenen nicht so viel zu tun hat und ihn immer mehr verwirrt. Das ist spannend erzählt, greift den originalen Roman in spannender Weise auf und interpretiert nicht zu viel davon neu.
Mathieu Moreau schafft es, die Geschichte in starke Bilder umzusetzen. Die Welt der Wissenschaftler im London des späten 19. Jahrhunderts, das glücklich erscheinende Leben der Eloi in der fernen Zukunft, die monströsen Wesen in der Unterwelt – das alles wird bei diesem Künstler »realitätsnah« und in klaren Bildern präsentiert. Gesichter stellt er ebenso gut dar wie Landschaften oder das Innere von Häusern – das ist große Klasse! Ich finde die Reihe insgesamt hervorragend. Der Verlag hat für alle sechs Bände, in denen Romane von H. G. Wells in aktuelle Comic-Versionen übertragen werden, eine wunderschöne Gestaltung erarbeitet. Sowohl der Vor- und Nachsatz als auch der Umschlag lassen die Comics geradezu bibliophil wirken – das passt zum Charakter eines Klassikers.
Wer sich für Science Fiction interessiert und toll gemachte Comics zu schätzen weiß, sollte diese Reihe antesten. Mit »Die Zeitmaschine« liegt seit Sommer 2017 ein großartiger erster Band vor. (Die weiteren werde ich noch lesen und vorstellen.)
Dieser Comic ist ein absolut empfehlenswerter Prachtband! Die 56 Seiten kosten 15,80 Euro. Mithilfe der ISBN 978-3-95839-500-8 kann dieser erste Band der H.-G.-Wells-Reihe des Splitter-Verlags bei jedem Comicfach- oder Buchhändler bestellt werden. Ebenso ist er bei Versandhändlern wie dem PERRY RHODAN-OnlineShop lieferbar.
Klaus N. Frick
