Die Redaktion empfiehlt: »Die stillen Trabanten« von Clemens Meyer Erzählungen, die im Leser nachwirken

18. Juli 2018

In den vergangenen zwölf Jahren hat sich der Schriftsteller Clemens Meyer im deutschen Sprachraum als Erfolgsautor etabliert. Seine Romane und Kurzgeschichten errangen Preise, wurden verfilmt und landeten auf den Bestsellerlisten. Ich las dieser Tage mit »Die stillen Trabanten« einen Band mit Erzählungen, der im Frühjahr 2017 als Hardcover erschienen ist.

Mit phantastischer Literatur im Allgemeinen und Science Fiction im Besonderen hat das nichts zu tun – aber für Leser, die die kurze Form lieben und sich für aktuelle Literatur interessieren, ist das Buch eine echte Empfehlung. Die Geschichten stecken voller stimmungsvoller Beschreibungen und klarer Dialoge, sie erzählen von »echten« Menschen und ihren Träumen, ihren Ängsten und ihren Sehnsüchten.

Großartig finde ich beispielsweise die Geschichte einer Frau, die nachts in einem Bahnhof arbeitet; als Putzkraft säubert sie die Züge vom Dreck des Tages. Sie trifft irgendwann in der Bahnhofskneipe auf eine Frisörin. Zwischen den beiden Frauen entsteht eine Beziehung, und man würde sich wünschen, sie fänden trotz ihrer tristen Lebensläufe eine positive Zukunft.

Die Titelgeschichte des Buches spielt ebenfalls zumeist in der Nacht und hat einen traurigen Charakter: Zwischen einer Imbissbude und einem Hochhaus, zwischen einer muslimischen Frau und dem Besitzer der Imbissbude, zwischen dem düsteren Treppenhaus und dem Lichtermeer am Horizont – der Autor zeigt Gegensätze, die sich in den Köpfen der Menschen und ihren Gesprächen dennoch verbinden.

Dabei bringt er bewusst Zeit und Raum durcheinander, seine Geschichten verlaufen nicht unbedingt chronologisch. So erzählt er von einem Mann, der allein auf einer Bank sitzt, auf das Meer starrt und sich an seine Vergangenheit erinnert – dabei kann dieser Mann nicht mehr zwischen Gegenwart und Vergangenheit trennen. Und wenn der Autor die Geschichte eines Arbeiterschriftstellers erzählt, der während des Zweiten Weltkrieges in Moskau lebt, verbindet aus der Vergangenheit diese Zeit mit den Trabantenstädten der Gegenwart.

Meyer schreibt Geschichten, die im Leser nachwirken – so zumindest ging es mir. Das ist keine Fastfood-Literatur, die man schnell vergisst, sondern das sind Texte, die man sich merkt und die dank ihrer Bilder und Stimmungen gut im Gedächtnis bleiben. Ob diese Geschichten autobiografische Bezüge haben und wie der Autor seine Erfahrungen mit der Arbeitswelt und der untergegangenen DDR verarbeitet, ist mir dabei recht gleichgültig.

Die Erzählsammlung ist in Form eines schönen Hardcover-Bandes erschienen. Das Buch ist 272 Seiten stark und kostet 20,00 Euro. Mithilfe der ISBN 978-3-10-397264-1 kann man es überall im Buchhandel bestellen. Es gibt auch eine E-Book-Ausgabe – und wer auf eine preisgünstige Taschenbuchausgabe hofft, kann diese ab Dezember 2018 kaufen.

 

Klaus N. Frick

Die stillen Trabanten
Meyer, Clemens
Fischer, S. Verlag GmbH
ISBN/EAN: 9783103972641
Die stillen Trabanten
Meyer, Clemens
FISCHER EBOOKS
ISBN/EAN: 9783104903446
8,99 €
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